Weitere Projekte und Wohnmodelle

Neben den bereits beschriebenen üblichen Wohnkonzepten, gibt es eine Vielzahl weiterer Projekte und Wohnmodelle, von denen hier einige beispielhaft aufgezählt und erläutert werden. Es werden Modelle vorgestellt, die zum einen exemplarisch das Engagement der Politik in diesem Themenbereich darstellen und zum anderen Projekte aufzeigen, die besonders den Aspekt der sozialen Integration im bekannten Umfeld in den Vordergrund stellen.

Das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, kurz BMFSFJ, hat das Programm "Baumodelle der Altenhilfe und der Behindertenhilfe" ins Leben gerufen und erkundet mit über 40 Projekten neue Wege der Hilfe, Betreuung sowie der Mitwirkung und Teilhabe. Diese Baumodelle sind in ganz Deutschland verteilt. Dazu gehören unter anderem integrative Begegnungsstätten, wie die Folgende in Pottum. Sie haben das Ziel für Entlastung, Betreuung und Begleitung der Menschen mit Behinderung und deren Familien zu sorgen sowie barrierefreies und selbstbestimmtes Wohnen für Senioren zu ermöglichen. Auch Eltern, die ein Kind mit Beeinträchtigung erwarten, finden hier Hilfe. Somit findet hier eine Begegnung der Generationen statt. Zudem gibt es Wohngemeinschaften für gerontopsychiatrisch erkrankte Menschen (Personen über 65 Jahren mit einer körperlichen und psychiatrischen Erkrankung) mit dem Ziel, ein Höchstmaß an normaler Wohn- und Lebensqualität durch Hilfe zur Selbsthilfe und Integration der Angehörigen in den Alltag der Wohngemeinschaft zu bringen.

Auch aus Nachbarländern wie den Niederlanden schwappen weitere Modelle in der Pflege zu uns herüber. Beispielsweise wird das von Jos de Blok entwickelte System "Buurtzorg", was übersetzt Nachbarschaftshilfe heißt, im Münsterlandkreis Steinfurt als Pilotprojekt erprobt. Jedoch stellen Bürokratie und die ökonomischen Aspekte die Umsetzung des Projektes vor Herausforderungen. Bei diesem Pflegesystem werden Pflegekräfte nur für die medizinische Versorgung benötigt. Grund- und hauswirtschaftliche Pflege übernehmen geschulte Angehörige, Freunde oder Nachbarn. In den Niederlanden engagieren sich inzwischen 10.000 Menschen ehrenamtlich in der häuslichen Pflege.

Ein weiteres Forschungsprojekt ist das VivAge, welches von Wissenschaftlern der HAWK (Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst) in Niedersachsen erforscht wird. Es beschäftigt sich mit möglichen Betreuungsangeboten seitens landwirtschaftlicher Betriebe je nach Versorgungsintensität. Von stundenweisen Angeboten zur Alltagsgestaltung bis hin zu einer Rundum-Betreuung. Auch hier werden wieder die Ökonomie, formale Hindernisse und Fördermöglichkeiten untersucht. VivAge steht dabei für den "Lebensabend im Dorf". Bisher erkannte Nachteile betreffen formale Hindernisse, z.B. dass Altenhilfe und Landwirtschaft in Politik und Verwaltung komplett getrennt strukturiert sind. Durch die Landflucht junger Menschen fehlen Unterstützungsmöglichkeiten.

Weiterhin ist bekannt, dass in den Dörfern die Ortsbindung alter Menschen oft sehr stark ist. In Norwegen und den Niederlanden gibt es daher bereits die Green Care - Praxis mit 1000 teilnehmenden Pflege-Bauernhöfen, die Betreuungsangebote für Senioren, Kinder und Menschen mit Behinderung anbieten, um diesen ein Leben im Heimatdorf weiter zu ermöglichen. In Deutschland gibt es bisher bundesweit 20 landwirtschaftliche Betriebe, welche Wohnangebote oder Tagespflege anbieten. Die Bewohner können sich dabei an Arbeiten auf dem Hof beteiligen, indem sie sich um die Tiere und den Garten kümmern. Für die Zukunft kann Service-Wohnen auf dem Bauernhof eine zusätzliche Absicherung für die bäuerliche Existenz im ländlichen Raum sein.

Integrative Begegnungsstätte für Menschen mit und ohne Behinderung in Pottum am Wiesensee
Integrative Begegnungsstätte für Menschen mit und ohne Behinderung in Pottum am Wiesensee
Alternativer Lebensraum - Haus Metnitzerhof
Alternativer Lebensraum - Haus Metnitzerhof
Projekt
Projekt "Lebensabend im Dorf. Seniorenangebote auf landwirtschaftlichen Betrieben" (VivAge gefördert vom Bundesbildungsministerium) Bildrechte: Claudia Busch